Situation beim Derby

Ein Statement des Vorstands zur Lage im Gästebereich deutscher Stadien am Beispiel des Derbys am 8.11.2025

Mit großer Besorgnis nehmen wir, der Vorstand des 1. FC Köln Fanclubs Wilder Süden e.V., die zahlreichen Meldungen unserer Mitglieder zur Situation rund um die Sicherheit- und Einlassbedingungen zum Gästeblock im Borussia-Park beim Spiel Borussia Mönchengladbach gegen 1. FC Köln zur Kenntnis. Im Nachhinein wirkt die Information der Südkurve Köln e.V. zur bevorstehenden Innenministerkonferenz wie eine Prophezeiung. Bei einer derart schlechten Planung und Umsetzung muss fast schon Absicht oder zumindest Willkür unterstellt werden. Sollte hier tatsächlich im Angesicht bevorstehender politischer Entscheidungen wieder einmal ein Exempel statuiert werden? Fußballfans sind im Allgemeinen ja leicht zu provozieren und man könnte für die Konferenz ja noch schlagkräftige Argumente finden, wenn man ein wenig in eine bestimmte Richtung pusht. Da haben euch aber leider die besonnenen FC-Fans einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Die Grundvoraussetzungen sind eigentlich vorhersehbar. Ein viel zu kleiner Zugang zum Gästebereich mit davor gelagertem trichterförmigem „Käfig“, ein ca. 200 qm umzäunter Bereich fast ohne Auseichmöglichkeiten bei entstehender Panik. Ein hitziges Derby steht bevor, die Fanlager sind verfeindet. Es ist mit einer Vielzahl an Gästefans zu rechnen, eventuell auch ein paar wenige, die sich ohne Karte Zutritt verschaffen wollen. Die Zufahrt für die Gästefans zum Borussia-Park ist seit Jahren so heikel, dass die Busse im Konvoi mit Polizeibegleitung zum Stadion eskortiert werden. Jetzt sollte man meinen, die Veranstalter und Sicherheitsbehörden kennen solche Vorgänge und wissen damit umzugehen, können vorbereitet zumindest auf die zu erwartende Problematik reagieren. Weit gefehlt, wie wir jetzt feststellen mussten, nachdem uns zahlreiche Augenzeugenberichte erreichten.

Die Anreise verlief problemlos. Hier handelt es sich um ein eingespieltes System, das sich vielfach bewährt hat und die Veranstalter vor keinerlei Probleme stellt. Dazu gab es dann auch ausdrücklich lobende Worte wie von unserem Mitglied Christian Schäfer: „Wir fuhren voller Vorfreude die 207 km nach Mönchengladbach, um dort den erhofften Derbysieg unseres FC zu bejubeln. Die Anfahrt auf P7 verlief sehr reibungslos, wofür ich ein dickes Lob aussprechen möchte.“ Der aber anfügen musste: „Bis auf die ebenso gut organisierte Abfahrt soll das auch das einzige Lob in meiner Email bleiben. Die Einlasssituation und das Sicherheitskonzept waren an schlechter Organisation und räumlicher Fehlplanung nicht zu überbieten.“

Neben dem nicht umsetzbaren Glasverbot auf dem Gäste-Busparkplatz fiel gleich die Menge an Bereitschaften der Polizei rund um das Stadion auf. Offensichtlich wurde mal wieder und unnötigerweise auf Abschreckung gesetzt, eine erste leichte Provokation? Zumindest war offensichtlich alles an Bereitschaftsdiensten aktiviert worden, auch wenn die Räumlichkeiten eine solche Vielzahl an Ordnungshütern gar nicht zulässt und viele Polizisten unbeteiligt Überstunden leisten mussten. So weit, so gut. Bis hierher lief es für uns reibungslos, auch wenn wir unser obligatorisches „Meet and Greet“ auf dem Gästebusparkplatz in sehr abgespeckter Form stattfinden lassen mussten.

Die eigentliche und in unseren Augen vorhersehbare „Eskalation“ ergab sich dann aus der Situation am Einlass. Hier kam es zu deutlichen Verzögerungen, die sich schlussendlich nicht aufklären lassen. Offiziell wurde zunächst die Schuld bei den Gästefans gesucht. Per Durchsage wurde mitgeteilt dass „Ultras den Zugang blockieren“. Wenig später kam der Hinweis, dass nach zusätzlichem Personal gesucht werde, um alle Drehkreuze bedienen zu können. Der Veranstalter war offensichtlich weder vorbereitet noch in der Lage, dem erwartbaren Aufwand gerecht zu werden. Natürlich ist auch dieses Problem hausgemacht: vier Drehkreuze, von denen meist nur 2-3 bedient werden. Wenn der Ordnungsdienst auch stets freundlich und bemüht war, entstand durch die Unterbesetzung und Fehlplanung eine Enge im vorgeschalteten Käfig, der viele unserer Mitglieder in Panik versetzte, weil sie sich mitunter an die Szenen bei Loveparade in Duisburg erinnert fühlten.

Unser Mitglied Dirk Haarhausen, der mit seiner Tochter vor Ort war, beschreibt die Situation wie folgt: „Der Druck in diesem „Kessel“ wurde immer größer. Wir hatten gleich die Vorkommnisse von Duisburg (Love Parade) im Kopf und bekamen Platzangst. Meine Tochter ist recht zierlich und konnte kaum noch atmen. Nur durch Drücken und Schieben konnten ein paar besonnene Fans und ich dafür sorgen, dass sie einigermaßen Luft bekam. Meine Kraft ging auch langsam zu Ende und ich hatte Angst um Leib und Leben. Als die Polizeikette dann endlich geöffnet wurde, geschah dies ohne Vorankündigung. Dies hatte zur Folge, dass es einen unkontrollierten Druck nach vorne gab. Nur durch Glück ist da keiner hingefallen. Als wir dann in der Masse nach vorne geschoben wurden, standen uns mehrere Gitter im Weg, was natürlich wieder eine hohe Verletzungsgefahr darstellte. Endlich an den Kontrollen angekommen, gab es durch die trichterförmige Verengung abermals eine Situation mit Gefahrenpotential.“

Zeitgleich zur Blockade am Ende des Trichters strömten durch ankommende Shuttle-Busse immer mehr Fans von hinten in den Käfig. Für Jürgen Krebs nahm die Situation bedrohliche Züge an: „Die Platzsituation jedes einzelnen war so beengend, dass mache Familienväter schon schreiend um Rücksicht auf die mit ihnen anstehenden Kinder nehmen möge. Jedoch wurde von hinten die Situation immer brenzlicher. Es wurde gedrängelt und vorne die Tore nicht geöffnet.“

Offensichtlich kam erschwerend hinzu, dass nicht genügend Personal für den Einlass geplant wurde. Die Durchsage um 17:30 Uhr, die unser Mitglied Alexandra Jaster bezeugen kann, versetzte die meisten Wartenden in Erstaunen: „Es wird nach weiterem Personal an den Eingängen gesucht und dann werden auch die Drehkreuze am Einlass geöffnet.“ War hier wirklich nicht mit einem ausverkauften Gästeblock und eventuellen Überraschungen zu rechnen? Oder hat man hier einfach in Kauf genommen, dass es zu Eskalation kommen kann?

Die Drehkreuze selbst machten zudem auch noch Probleme. Offensichtlich wurden nur drei von vier vorhandenen eingesetzt und hier gab es auch Probleme, die vorhandenen Karten korrekt zu erkennen. Ein weibliches Mitglied berichtet von mehrfachen Kontrollen von ein und derselben Karte, bis sie schließlich funktionierte. Da fühlt man sich doch gleich an die anfänglich vom Ordnungsdienst beschrieben Situation von „blockierenden Ultras“ erinnert. Sollte es sich hier einfach um Fans mit korrekten Tickets, die nicht korrekt gelesen wurden,  gehandelt haben?

Auf jeden Fall trug die Situation hinter den Drehkreuzen generell und an diesem Tage speziell nicht zur sofortigen Beruhigung bei. Denn auch hier ging das Chaos weiter berichtet unser Mitglied Christian Schäfer: „Block 6 bzw 7 waren nicht sichtbar ausgeschildert. Der Zugang zu 6a und 7a war von 6 Polizisten und 2 Ordnern versperrt. Man kontrollierte Tickets und ließ je nach Laune immer mal wieder einen Fan durch.“ Erschwerend kam hinzu, dass ausschließlich der Oberrang kotrolliert wurde, zum Unterrang gab es praktisch freien Eintritt. Viele FC-Fans, die Karten für oben hatten, landeten also im Unterrang, so dass dieser sich schnell überfüllte. Wenn Menschen mit Unterrangkarten nach oben ausweichen wollten, wurde ihnen der Zugang verwehrt.

Etlichen unserer Mitglieder wurde dadurch der Zugang und der Blick auf das Spiel genommen, obwohl sie eine Karte bezahlt haben. Der Leiter unserer Ticketing-AG, Ralf Wulf, findet dazu in seiner Mail an Innenminister Herbert Reul und den Verein Borussia Mönchengladbach klare Worte: „Es ist augenscheinlich, dass Sie als Veranstalter nicht in der Lage sind, ein falls überhaupt vorhandenes Sicherheitskonzept umzusetzen. Sie haben uns 27 Tickets verkauft und konnten uns als Kunden nicht den Zugang zu den von Ihnen verkauften Sitzplätzen verschaffen, trotz mehrmaliger erfolgter Aufforderung unter Zeugen? Das dies ein Zustand ist, der von uns keineswegs akzeptiert wird, sollte Ihnen klar sein. Ich erwarte kurzfristig Ihre Stellungnahme und sehe der Erstattung der Ticket-Kosten entgegen. Sie verkaufen eine Leistung, die Sie nicht erbringen da der verkaufte Platz nicht zugänglich ist. Das Sie hier auch komplett zugestellte Fluchtwege akzeptieren ist erstaunlich. Ein Innenminister, der nach personalisierten Tickets ruft und auf der anderen Seite kein sichtbares Konzept für den sicheren Zugang zum Stadion gewährt ist schon bemerkenswert. Die Anwesenheit einer Hundertschaft die falsch eingesetzt wird, unfähiges bis komplett uninteressiertes Sicherheitspersonal vor Ort. Die Liste lässt sich beliebig erweitern. Nicht die Fans sind das Problem, Leute wie Sie ohne Konzept und mit großer Arroganz und ohne Plan sind das wirkliche Problem in unseren Stadien.“

Uns bleibt ein ungutes Gefühl, als Fußballfan zum Spielball der Politik zu werden. Immer wieder gewinnen wir den Eindruck, dass vonseiten der Politik und führenden Personen der Polizei und Ordnungsdienste, Situationen heraufbeschworen werden, die die eigene Notwendigkeit belegen sollen. In diesem Falle haben sich alle FC-Fans, ausgenommen einiger Beleidigungen gegen Polizeibeamte in der oben beschriebenen Ausnahmesituation, vorbildlich verhalten und so konnte eine Eskalation durch Provokation nicht erzeugt werden.

Für diese Besonnenheit wollen wir uns bei allen FC-Fans und vor allem den Mitgliedern des Wilder Süden e.V. von vollstem Herzen bedanken. Wir möchten hier den Finger in die Wunde legen und auf Missstände in Deutschen Stadien und insbesondere im Gästebereich hinzuweisen. Die Einlasskontrollen sind nicht nur ein Gladbacher Problem. Stadien als gefährliche Orte einzustufen und insbesondere die Einführung von personalisierten Tickets führen unserer Ansicht nach nicht zu Verbesserungen dieser Situation. Vielmehr hat das Beispiel Mönchengladbach wieder ein mal gezeigt, dass andere Maßnahmen sinnvoll sind. Wir schließen uns hier der Forderung des Kölschen Klüngel an, nachzulesen unter POLIZEIEINSATZ BEIM AUSWÄRTSSPIEL IN mÖNCHENGLADBACH – Kölsche Klüngel

Betroffene dürfen sich gerne an unsere Fanhilfe wenden: kontakt@koelsche-kluengel.net

Euer Vorstand
Robin Loew-Albrecht – Mika Froesch – Rouven Küster – Thorsten Neunzig

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